Kauf Greif: Unverantwortlicher Umgang mit Steuergeld

In der Gemeinderatsitzung vom 19. Dezember 2016 wurde durch FPÖ, ÖVP, SPÖ und Grüne der Dringlichkeitsantrag in Bezug auf “Kauf Mittelteil von Greif, Sanierung Stadttheater und Bau Amtsgebäude” beschlossen. Wir NEOS haben uns aus folgenden Gründen dezidiert dagegen ausgesprochen:

  • Fehlende Kostenwahrheit
    Die Kosten wurden „geschönt“!
    => In Wirklichkeit kostet das Projekt zwischen 17 und 20 Millionen Euro.
  • Fehlendes Risikobewusstsein
    80 % der Kosten beruhen auf ungefähren Schätzungen!
    => Es ist kein Plan, geschweige denn sind Angebote vorhanden.
    => Kosten sind “Black Box” (sagen selbst Vertreter von FPÖ, ÖVP, SPÖ und Grünen).
    => Vergleiche mit „außer Ruder“ gelaufenen Projekten zeigen Parallelen.
  • Fehlende Kosten/Nutzen-Analyse
    Kein Konzept, keine langfristige Strategie!
    => Keine Überlegungen, wie sich die Stadt positionieren soll.
    => Kein überregionales Denken.
    => Keine Berücksichtigung von städtebaulichen Aspekten.
    => Alternative Ideen sind politisch nicht gewollt.
    => Nachhängen der “alten Zeit”, statt Blick nach vorne.
    => kein Weitblick und wieder eine vergebene Chance für Wels.
  • NEOS-Ideen
    Wir bringen Vorschläge!
    => Gesamtkonzept mit Integration Welios, FH, Hotel, Messe und Stadthalle
  • Theater-Neubau
    Kosten wurden nicht evaluiert!
    => Beispiele aus anderen Städten beweisen, dass es günstige Umsetzungsvarianten gibt.
  • Zusammenfassung
    NEOS fordert vernünftige Diskussion der Fakten!
    => Es ist genug Zeit um eine fakten- und evidenzbasierte Entscheidung ohne Sentimentalität, aber mit genauer Kostenkalkulation und unter Einbeziehung von Spezialisten zu fällen.

“Unsere Meinung: So kann man nicht mit Steuergeld umgehen! Das ist Management-Versagen auf der ganzen Linie.”, sagt Markus Hufnagl, Gemeinderat der NEOS in Wels.

Fehlende Kostenwahrheit

Kostenwahrheit beim Kauf

Es ist zu kritisieren, dass die städtische Presseunterlage  (Link) anlässlich des Pressegespräches am 19. Dez. 2016, als auch der Blogbeitrag   (http://www.wels.at/20160919-Hotel-Theater-Greif) auf der Homepage der Stadt Wels – mit einmal 2,88 Mio. Euro und einmal 2,79 Mio. Euro – nicht nur unterschiedliche Kaufpreise wiedergeben, sondern auch wesentliche Kosten unterschlagen: Zu den 2,79 Mio. sind weitere 180.000 Euro für ein Fruchtgenussrecht (plus MwSt), sowie 3,5 % Grunderwerbssteuer, 1,1 % Eintragungsgebühr und auch Vertragsgebühren hinzuzurechnen. Der Kauf wird der Stadt Wels somit über 3,1 Mio. Euro kosten.

Link zu Ausschnitten aus Amtsbericht
Link zu Ausschnitt aus Kaufvertrag

Kostenwahrheit bei den Gesamtkosten

Der geplante Um- und Neubau kostet geschätzte 10 Mio. Euro – allerdings kommen dazu noch 20 % Mehrwertsteuer, sodass daraus schon einmal 12 Millionen werden. Die Gesamtkosten für die Stadt belaufen sich somit auf mindestens 15,1 Mio. Zirka, denn es existiert für den Neubau und die Sanierung kein Plan und schon überhaupt kein Angebot. Eine unverantwortliche Entscheidung! 

Dann muss man noch beachten, dass die Bühne im Greif aus dem Jahr 1988 ist und somit heuer 29 Jahre alt wird. Man kann davon ausgehen, dass in den nächsten 10 Jahren Renovierungsmaßnahmen, Sanierungen und Modernisierungen um mehrere 100.000 Euro durchzuführen sind.

Dazu werden noch zusätzliche Kosten, wie für die Übersiedlung, für Büroausstattung, IT etc. oder auch für den Ausweichbetrieb während der Sanierung hinzuzurechnen sein. Auch nicht mit eingerechnet sind interne Leistungen der Magistratsmitarbeiter, sowie der laufende Abgang aus der Erhaltung bzw. aus dem Spielbetrieb. Weitere Kosten werden für die Schaffung von Parkplätzen (gesetzlich vorgeschrieben) anfallen.

Somit reden wir mittelfristig nicht von 3,1 Mio. für den Kauf und auch nicht von 15,1 Mio. inklusive Um- und Neubau, sondern von Beträgen zwischen 17 Mio. und 20 Millionen!

Anmerkung 1: Kauft man die KJ-Tiefgarage nicht, dann müssen – wie im Amtsbericht angegeben – Stellplätze geschaffen werden. Weitere Millionen an Ausgaben!
Anmerkung 2: Die Kosten alleine für die Sanierung der Tiefgarage belaufen sich auf über eine Million Euro (Link).

Fehlendes Risikobewusstsein

Das Risiko für die Stadt ist enorm, da eine echte Kostenwahrheit nicht existiert.  80 % (3,1 Mio. zu 15,1 Mio.) der Kosten beruhen auf Schätzungen. Gleiches gilt für die Verkaufserlöse der Objekte Pfarrgasse 25 und Stadtplatz 55  – auch dazu existieren nur Schätzungen.

Ein Vergleich: Das ehemalige Landestheater in Linz wird gerade komplett umgebaut und saniert. Zuletzt musste der Landeshauptmann zugeben, dass die Kosten bereits um 1,2 Mio. Euro überschritten wurden und nun zumindest 9,2 statt der geplanten 8 Mio. Euro betragen….und da wurde angeblich ordentlich geplant.

Auch viele andere Städte und Gemeinden haben sich mit ungenauen und völlig überzogenen Projekten übernommen. Wo außerdem bleibt in Wels das Learning aus dem Welios-Projekt?

Generell sind sich Bauexperten einig: “Der Großteil aller Fehler liegt in einer Planung die unter zu viel Hektik und Druck passiert” (Zitat Hans Georg Jodl, Professor für Bauprozessmanagement an der TU Wien, anlässlich einer Kritik des Bauprojektes Krankenhaus Wien Nord). “Oft spielen politische Faktoren eine entscheidende Rolle: bewusst zu niedrig angesetzte Budgets, schlechte Planung, unklare Verantwortlichkeiten und mangelhafte Kontrolle. Risiken werden zu oft unterschätzt” (Zitat GDV Gesamtverband der deutschen Versicherer zu Kostenexplosionen bei öffentlichen Bauten).

Die angegebenen Misserfolgskriterien treffen zu 100 % auf das gegenständliche Projekt zu!

Link zum Desaster in Linz
Link zum Desaster in Schwechat

Fehlende Kosten/Nutzen-Analyse

Wir NEOS möchten gleich vorwegschicken, dass der Nutzen von Kunst und Kultur nicht in Geldwert messbar ist. Wir NEOS bekennen uns zu einem breiten Kulturangebot für alle Altersgruppen! Dennoch geht es darum, eine Balance zwischen kultureller Notwendigkeit, Vielfalt und der Ökonomie zu finden. Die Frage ist immer, welches Angebot will man anbieten, wo positioniert man sich als Stadt, welches Angebot wird auch angenommen und was sind wir bereit dafür zu zahlen?

Die Frage, die zu stellen ist, ist welche Art von Stadttheater man in Wels wirklich braucht? Ja, es sind Locations für Lesungen, Schulaufführungen, Ballettaufführung, Konzerte und natürlich Aufführungen von Wanderbühnen, Kabaretts notwendig. Die unbeantwortete Kernfrage ist: Wann und wie oft wird wirklich ein voll ausgestattetes Theater mit Drehbühne und Schnürboden gebraucht?

Weitere Diskussionspunkte sind:

  • Können die Veranstaltungen nicht in den anderen Spielstätten (Herminenhof, MKH, Stadthalle, Minoriten, Rotax Halle etc.) durchgeführt werden?
  • Kann mittelfristig nicht die Stadthalle und dort besonders die Bühnentechnik modernisiert (ggf. auch die Akustik verbessert) werden und einen Teil übernehmen? Können andere Spielstätten “aufgerüstet” werden?
  • Ist der Weg zum neuen Musiktheater nach Linz (z.B. mit S-Bahn oder neu zu etablierenden Theaterbus) nicht zumutbar, günstiger bzw. sinnvoller (schon wegen der Qualität)? Also sollten nicht aufwändigere Produktionen überhaupt in Linz stattfinden? Ist es nicht sinnvoller überregional zu denken?
  • Ist es nicht gescheiter in Wels die Kleinkunst bzw. die freien Kunst- und
    Kulturschaffenden zu fördern? Wels ist doch genau für diese freie Szene über die Grenzen hinweg bekannt! Wo wollen wir als Stadt hin?

Und selbst wenn man nach reiflicher Überlegung zur Überzeugung kommt, man brauche ein neues Stadttheater, dann ist zweifelsfrei ein Neubau im Messegelände anzustreben. Auch ein neues Amtsgebäude gehört dorthin weil:

  • Der Grund gehört der Stadt.
  • Es muss nichts abgerissen werden.
  • Man kann auch in die Höhe bauen.
  • Es sind Parkplätze vorhanden.
  • Es ist Raum für Erweiterung vorhanden.
  • Der Weg vom Messegelände zum Rathaus ist sogar näher als vom KJ.
  • Die Umgebung (Teich, Zugang Traun) kann für die Mitarbeiter gestaltet werden.
  • Der Standort eine rasche Abwicklung des Behördenweges garantiert
    (Anmerkung: Eine bessere öffentliche Anbindung des Messegeländes ist sowieso notwendig.)

Die Stadtregierung hat sich zur Aufgabe gemacht, den Kaiser-Josef-Platz zu verschönern und zu beleben. Ein durch und durch lobenswertes und sinnvolles Bestreben! Allerdings versucht man durch dieses Projekt – mit viel Mitteleinsatz und ohne Blick “auf das Ganze” – dieses Vorhaben umzusetzen. Wir sagen dazu: Es ist auf jeden Fall sinnvoller am KJ – wie in der gesamten Innenstadt – Wohnungen zu errichten. Menschen, die in der Innenstadt leben beleben die Stadt, erhöhen die Kaufkraft und stützen die Gastronomie – und dies auch am Abend und an den Wochenenden.

NEOS-Ideen

Warum wurden keine alternativen Konzepte betrachtet? Hier einige NEOS-Vorschläge:

  • Bau des lange geplanten Hotels inkl. Kongresszentrum und
    Integration eines neuen Theaters in dieses Bauvorhaben.
  • Integration in einen Neubau der Fachhochschule.
  • Umbau (Erdgeschoss) des Welios oder Zubau Theatersaal.
  • Gesamtkonzept mit Integration Welios, FH, Hotel, Messe und Stadthalle 

Die Vorteile bzw. Synergien liegen auf der Hand:

  • Mehrfachnutzung (Kongress, Hörsaal, Messesaal).
  • Leichtere und gemeinsame Vermarktung inkl. Erschließung eines neuen Marktes (Kongress-Touristik)
  • Günstigere Erhaltung bzw. günstigere laufende Kosten
    (gemeinsames Personal, Nutzung Raum, Nutzung Infrastruktur uvm.).
  • Günstigere Errichtungskosten
    (Nutzung Vorhandener Baumasse, Nutzung eigener Grund und Boden).
  • Ggf. Betrieb durch private Investoren sowie Synergien zur Messe Wels.

Städtebaulich könnte man mit einem Amtsgebäude, mit einem neuen Theater und auch mit der Fachhochschule, sowie mit einem Kongresshotel im Messegelände städtebauliche Akzente setzen und endlich die Innenstadt aufwerten.

Kosten Theater-Neubau

Die kolportierten Kosten für einen Neubau sind völlig überzogen! Dass ein vernünftiges und für Wels absolut passendes Projekt mit geringeren Kosten umgesetzt werden könnte, belegen zahlreiche Beispiele (Stadtsäle und Stadthallen, die auch für die Nutzung als Theater vorgesehen sind):

  • 7 Mio. Euro für den Neubau des Stadtsaal in Schwaz in Tirol Link zum Pressetext mit weiteren Fotos hier
    Fotos Schwaz.JPG
  • 6,7 Mio. Euro für den Theater- und Veranstaltungssaal in Kufstein Link zum Pressetext
  • 11,5 Mio. Euro für die neue Stadthalle Vallendar (DE) Link zum Pressetext
  • 10,5 Mio. Euro für den Stadtsaal in Waldkraiburg (DE) mit Fotos hier

Möchte man „nur“ ein reines Theater bauen, dann könnte man überhaupt ein anderes, einfacheres Konzept wählen. Hier Bilder aus den Sälen der Hamburger Kammerspiele, des Monsuntheaters Hamburg, sowie aus den Wiener Kammerspielen:

saele

Selbst wenn man dagegen hält, dass man in Wels etwas Größeres haben möchte, ist ein Projekt weit unter 20 Mio. Euro machbar. Noch günstiger oder/und effektiver bzw. mit Synergien versehen wären die oben angeführten Alternativvorschläge von NEOS.

Zusammenfassung 

Wir kritisieren, dass folgende Fragen nicht geklärt wurden:

  • Brauchen wir das Stadttheater genau an diesem Ort?
  • Brauchen wir ein Amtsgebäude genau an diesem Ort?
  • Brauchen wir das Stadttheater genau in dieser Ausprägung?
  • Brauchen wir das Amtsgebäude genau in dieser Ausprägung?
  • Gibt es Alternativen?
  • Ist das Projekt ökonomisch sinnvoll?
  • Ist das Projekt städtebaulich sinnvoll?

Und diese Fragen sollten fakten- und evidenzbasiert, ohne Sentimentalität, ohne Zeitdruck, mit genauer Kostenkalkulation, unter Einbeziehung von Spezialisten und mit Weitblick geklärt werden!

Es darf  nicht wieder durch künstlich erzeugtem Zeitdruck eine grundlegend falsche Entscheidung für unsere Stadt getroffen werden. Die Politik hat in Wels schon zu viele falsche und nicht richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Wir erinnern an die misslungene Verlagerung des Messegeländes, die „Sache“ mit dem Flughafen und an das Welios-Debakel.

“Der Mietvertrag für das Stadttheater läuft noch bis 2029. Das bedeutet, die Stadt hat 12 ganze Jahre Zeit für eine vernünftige Planung, für evidenzbasierte Konzepte und Überlegungen. Selbst jetzt, nach dem Beschluss im Gemeinderat, ist noch Zeit das Konzept zu überdenken. Wir fordern daher die Stadtregierung auf, sich den o.a. Fragen zu stellen und endlich einmal richtungsweisende Entscheidungen für die Zukunft von Wels zu treffen.” sagt NEOS Gemeinderat Markus Hufnagl.

 

 

Kostenaufgliederung

Kostenaufstellung.JPG
Videos zum Thema

Hier erklärt Gemeinderat Markus Hufnagl die Thematik anlässlich einer Pressekonferenz:
https://neoswels.eu/2017/01/19/video-zum-thema-stadttheater/

Zusammenfassung zum Kauf des Greif
https://www.youtube.com/watch?v=igcW6l33OhY&feature=youtu.be&t=3448

Eingangsstatement zum Kauf des Greif (Stadttheater)
https://youtu.be/igcW6l33OhY?t=2757

Replik auf die Ausführungen der anderen Parteien (2. Wortmeldung)
https://youtu.be/igcW6l33OhY?t=4650