Im WT1 Sommergespräch mit Stefan Schiehauer steht der Welser Gemeinderat Markus Hufnagl Rede und Antwort. Heiß diskutierte Themen, wie den Grundstückskauf der Bürgermeistergattin, den Finanzplan der Stadt Wels, sowie die Schwerpunkte und Ziele des bevorstehenden Wahlkampfs sind Teil des Interviews.
WT1: Tatsächlich sind die NEOS die einzige Partei in Wels, die sich noch nicht offiziell auf einen Spitzenkandidaten festgelegt haben. Warum ist das so?
M.H.: Wir wählen unsere Liste. Das bedeutet, dass die SpitzenkandidatInnen nicht von oben herab bestimmt werden. Diese Wahl wird im Herbst stattfinden und ich werde sicher wieder kandidieren. Sollte es allerdings jemanden geben, der besser, gescheiter oder jünger ist, habe ich auch kein Problem, wenn er/sie das übernimmt.
WT1: Gibt es Gegenkandidat_innen in der Partei?
M.H.: Das wird sich dann herausstellen. Als Bürgerbewegung wollen wir aber auf alle Fälle so vielen Menschen, wie möglich die Chancen geben sich politisch zu engagieren.
WT1: Die Öffentlichkeit bekommt in Wels ja kaum noch etwas mit von den Pinken. Ganze 6 Beiträge gibt es auf dem Blog NEOS Wels im letzten halben Jahr (zum Vergleich bei den Grünen gab es 9 Presseaussendungen alleine im Juni).
M.H.: Wir haben uns in letzter Zeit etwas zurück gehalten, da die Themen nicht so “heiß” waren. Es liegt aber auch daran, dass wir parallel auch den Aufbau in Wels Land in Angriff nehmen. Ein Kirchturm-Denken ist zu kurz gedacht. Für uns NEOS ist es wichtig auch in so vielen Gemeinden, wie möglich in Wels Land vertreten zu sein, um die Region zu fördern und das benötigt natürlich Ressourcen.

WT1: Die Grünen haben vor Kurzem ein Foto auf Facebook gegeben von Ihnen und dem Spitzenkandidaten Thomas Rammerstorfer mit dem Bildtext “Ein anderes Wels ist möglich und notwendig.” Wie darf man denn das verstehen?
M.H.: Mein Politikverständnis ist, dass das Reden mit ALLEN nötig ist. Es hat jeder gute Ideen und Vorschläge und das war ein Austausch in dem ich den Herrn Rammerstorfer näher kennenlernen konnte. Wir haben uns gut unterhalten!
WT1: Warum ist ein anderes Wels notwendig?
M.H.: Wir waren uns schnell einig, dass in Wels in den letzten Jahren sehr viele populistische Themen in Angriff genommen wurden. Wir haben den neuen Brunnen am Stadtplatz, eine neue Pflasterung und eine neue Beleuchtung. Aber die wirklich wichtigen Dinge wurden nicht gemacht. Wir haben noch immer kein ganztägiges Betreuungsangebot in den Schulen. Wir haben noch immer das Traunufer nicht belebt etc. Da gibt es viele Dinge, die NICHT gemacht wurden.
WT1: Es gibt ja einiges, das man in Wels kritisiert. Das Freibad ist ein beliebter Treffpunkt; es gibt einen neuen Sprungturm. 410.000€ hat der gekostet. Wenn es nach Ihnen gehen würde, wäre dem nicht so. “Eine teure Investition aus dem Nichts”, haben Sie ihn genannt.
M.H.: Dieses Thema hat zwei Ebenen. Erstens war von diesem Sprungturm in der Budgetplanung zu Beginn des Jahres nichts zu lesen. Daher ärgert es mich sehr als Gemeinderat, wenn auf einmal eine solche Investition aus dem nichts auftaucht. Noch dazu in dieser Höhe und mitten unter dem Jahr. Zweitens hätte man den Sprungturm sicher auch auch aus anderen Materialien wie Stahlrohr günstiger bauen können.
WT1: Sie gelten generell nicht als Freund der Welser Stadtfinanzen. Beim Rechnungsabschluss für das Jahr 2019 steht jetzt aber ein Rekordüberschuss von 16 Mio. €. Die Schulden wurden auf 21.8 Mio. € gesenkt.
M.H.: Das stimmt! Es ist auf alle Fälle besser geworden. Das liegt aber auch vor allem an uns NEOS, da es ja am Anfang der Legislaturperiode eine Abstimmung bzgl. der Einsparungen gab. Da haben wir konstruktiv mitgearbeitet. Nicht so wie andere Parteien.
WT1: Wen meint man damit?
M.H.: Darüber können Sie gerne mit den Kollegen von der SPÖ sprechen. Wir haben auf alle Fälle mitgemacht und erfolgreich darauf gepocht, dass die Hälfte aus dem Verkaufserlös der Sparkassenanteile für die Tilgung von Schulden verwendet wird. Außerdem möchte ich mich bei allen Welser_innen und allen Unternehmer_innen bedanken. Es ist sehr viel Kommunalsteuer hereingekommen. Wir haben in den letzten Jahren wirklich, wirklich gut gewirtschaftet und das ist der Stadt zugute gekommen.

WT1: Nächstes Jahr wird man dies ja auf Grund von Corona eher nicht wiederholen können. Die NEOS wollten deshalb, dass dieses Jahr den KMUs die Kommunalsteuer gestundet wird.
M.H.: Es kann eben nicht sein, dass Betriebe jedes Jahr mehr Steuern zahlen und wenn es dann einmal eine Krise gibt die Stadt Wels nichts macht.
WT1: Naja, nichts stimmt ja nicht ganz. Man wollte Förderungen verteilen, was aber nicht möglich war wegen der Doppelförderung.
M.H.: Das stimmt so nicht! Unsere Forderung war es den Betrieben die Kommunalsteuer für 1 oder 2 Monate rückzuerstatten und nicht diese komplett zu erlassen. Man könnte vertraglich festlegen, dass die Rückzahlung ab nächstem Jahr stattfindet. Somit hätten kleinere Unternehmen sofort Liquidität erhalten. Die Problematik ist, dass die Bundesförderungen bis jetzt teilweise noch nicht ausbezahlt wurden. Dies wäre also ein unbürokratischer Weg gewesen, den Unternehmen gleich mehr Geld zum Wirtschaften zu geben.
WT1: Apropros Handel; wir sitzen mitten in der FUZO. Wir finden Sie denn die neue Deko?
M.H.: Ja, absolut OK. Man kann ja auch hin und wieder etwas Positives erwähnen.
WT1: Sind Sie als Unternehmer zufrieden mit der Entwicklung der Innenstadt? Den Stadtplatz haben Sie ja vorhin noch kritisiert?
M.H.: Das Thema ist, dass alte Straßenlaternen um viel Geld erneuert wurden. Jede dieser LED-Lampen hat 7.000 € gekostet! Nur wegen dieser Strahler werden nicht mehr Leute hierher zum Einkaufen kommen.
WT1: Ein Thema, das die NEOS Ende des letzten Jahres aufgegriffen haben ist die Kinderbetreuung. Und zwar fehlt in Wels das Angebot einer vernünftigen, leistbaren und qualitätsvollen Kinderbetreuung an allen Ecken und Enden.
M.H.: Genau. Die FPÖ hat hier immer den Standpunkt: Wir haben keine Nachfrage. Die SPÖ meint, wir müssen ein Angebot machen, dann kommt auch die Nachfrage. Ich finde, wir müssten zuerst durch eine ordentliche Datenerhebung überprüfen, wie groß die Nachfrage wirklich ist und dann schnellstmöglich das Angebot schaffen. Mir kommt es noch immer so vor, als gäbe es bei der FPÖ immer noch diese Grundeinstellung, dass “die Frauen zu Hause bleiben und auf die Kinder aufpassen sollen.” Auch bei der ÖVP orte ich das manchmal. Wir haben aber ganz andere Lebenssituationen. Wir haben Patchwork-Familien. Wir haben Frauen die ganztags arbeiten wollen und teilweise auch müssen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Wir können hier keine Politik machen, die am Leben vorbei geht. Das geht so nicht!

WT1: In der letzten Gemeinderatssitzung ging es ja um das Lokalbahn-Areal. Ein externer Prüfer soll überprüfen, ob beim Grundstückskauf der Bürgermeistergattin alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
M.H.: Für mich ist das ein moralisches Totalversagen des Bürgermeisters. Wir haben einen Wettbewerb ausgelobt, 110.000€ Preisgeld bezahlt…gesamt noch viel mehr. Das Konzept, das wir bekommen haben, haben wir dann im Gemeinderat beschlossen. Dieses Konzept umfasst auch ein Verkehrskonzept. Das allererste, das dann in diesem Areal passiert ist, dass die Gattin sich dieses Grundstück kauft. Natürlich kann sich jeder Grundstücke kaufen, wo er/sie will, nur an dieser Stelle ist es ein moralisches Totalversagen, da das beschlossene Verkehrskonzept nicht mehr realisierbar ist.
WT1: Nächstes Jahr will man ja mit mehr Mandaten im Gemeinderat vertreten sein. Welche Ziele haben Sie denn?
M.H.: Wir möchten Fraktionsstatus bekommen, also mindestens 2. Ich denke aber, dass 3 drinnen sein werden.
WT1: Welche Schwerpunkte wird man im Wahlkampf setzen?
M.H.: Natürlich die klassischen NEOS-Themen wie Bildung vorweg. Darüberhinaus wird aber auch Verkehr eine Rolle spielen. Auch das Thema Umwelt wird wichtig sein. Ich möchte vor allem ein Bewusstsein in den Menschen schaffen, dass Wels nicht an der Stadtgrenze aufhört. Unsere Vision ist es überregional zu denken.
WT1: …dass man Gunskirchen und Thalheim anschließt?
M.H.: Zumindest am Linienverkehr im 20 min Takt. Warum auch nicht?
Wir bedanken uns beim WT1 für die Möglichkeit die diesjährigen Sommergespräche eröffnen zu dürfen.
Zu sehen ist das Interview in voller Läge noch bis Donnerstag, 30.7.2020 auf WT1 bzw. anschließend auf dem Facebook-Profil von Markus Hufnagl.
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