Zum Nachdenken
Immer wieder hat die FPÖ Ideen, denen man auf den ersten Blick zustimmen könnte. So ist eine Forderung, dass Flüchtlinge die über finanzielle Mittel verfügen, einen Beitrag zu Ihrem Aufenthalt bzw. zu Verwaltungskosten in Österreich leisten sollen, durchaus verständlich. Jetzt kann man fachlich darüber diskutieren, ob so eine Regelung Sinn macht, denn nur ganz ganz wenige Migranten werden nach ihrer Flucht noch über Geld verfügen. Davon einmal abgesehen, dass das ein Orchideen-Thema ist und die wirklichen Reformen (Pensionsreform, Föderalismusreform, Bildungsreform, Abschaffung kalte Progression uvm.) entgegen aller Versprechen nicht angegangen werden.
Das was mich – und ich glaube viele andere auch – eine Abwehrhaltung einnehmen lässt ist, dass die FPÖ diesen Vorschlag als auch andere Vorschläge wie das sog. „Kopftuchverbot“ nicht aus sachlichen Argumenten, sondern aus einer ideologischen Grundhaltung mit dem einzigen Anspruch – nämlich das Bedienen einer gewissen Wählerschicht – heraus macht. Eine humanistische, liberale Grundhaltung ist dies mit Gewissheit nicht. Es ist ein Heraufbeschwören von Geistern der Vergangenheit, ein Versuch gewisse Gruppen in der Gesellschaft gegeneinander aufzubringen, Gräben aufzureißen und – ganz aus dem Lehrbuch für Populismus – Feindbilder zu schaffen.
Die Folge ist das Aushöhlen der Demokratie. Die FPÖ und inzwischen auch die „christlich soziale“ ÖVP bringen Österreich mit Ihrer Politik immer näher an Länder wie Ungarn, Polen oder auch die Türkei heran. Das Traurige daran ist, dass es in dieser postfaktischen Zeit reicht Behauptungen ohne Beweise, ohne Datenbasis aufzustellen. Aktionismus, Marketing und Wählerstimmen schlagen eine vernunftbegabte Politik des langfristig Richtigen.
Wer ein lokales Beispiel für diese Politik sucht, der konnte es im letzten Welser Gemeinderat finden. Der Antrag, dass Asylwerber eine begonnene Lehre in einem Mangelberuf fertig machen dürfen, wurde von FPÖ/ÖVP abgelehnt. Fakt ist, dass durch diese Lehre Asylwerber eine sinnvolle Tätigkeit ausüben, Geld verdienen, Steuern zahlen und wenn der Asylbescheid positiv ist eine Ausbildung und einen Arbeitsplatz haben. Fakt ist auch dass diese jungen Menschen nur eine Lehre in einem Mangelberuf starten können – also in einem Berufsbild wo es zu wenig Bewerber gibt und die österreichischen Unternehmen sowieso händeringend nach einem Auszubildenden suchen. Abgelehnt wurde der Vorschlag durch Argumente, wie man würde dadurch das Asylgesetz aushöhlen oder Anreize für weitere Zuzüge bieten. Jeder, der nur etwas darüber nachdenkt wird erkennen, was fachlich und faktisch die richtige Entscheidung ist.
Zustimmen konnten die FPÖ und die ÖVP (letztere handelt damit gegen Unternehmer) aus einem ganz anderen und sehr einfachen Grund nicht: Es passt einfach nicht in die aktuelle Strategie und schon gar nicht in die Ideologie.
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